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Die Agger soll wieder frei fliessen - warum wird dann wieder angestaut?

"Nach der Zerstörung des natürlichen Gewässerlebensraums in Ohl-Grünscheid wird dieser Anblick in Erinnerung bleiben. Er wird wiederkommen." Bild: Marie Brück
"Nach der Zerstörung des natürlichen Gewässerlebensraums in Ohl-Grünscheid wird dieser Anblick in Erinnerung bleiben. Er wird wiederkommen." Bild: Marie Brück

Der freifließenden Agger gehört die Zukunft. 

Noch im Dezember hatte das Umweltministerium der BUND Regionalgruppe Köln mitgeteilt, dass in Ohl-Grünscheid nicht wieder angestaut wird bevor die Sicherheitsüberprüfung abgeschlossen ist. Trotzdem wurde Ende Februar mit dem Wiederanstau begonnen. Der renaturierte Fluss mit seiner Aue, die sich seit 2019 auf dem niedergelegten Stau gebildet hatte, versank in den Fluten. 

Die Bezirksregierung Köln stand vor der Wahl: Entweder gilt das Wort, das die damalige Umweltministerin Heinen Esser 2021 gegeben hatte und Ende 2024 bestätigt wurde, oder sie, die Bezirksregierung, riskiert, einen von den Aggerkraftwerken angestrengten Prozess zu verlieren.

 

 

Das Bild der frei fliessenden Agger, wird zur Mahnung in Erinnerung bleiben (efmeyer)
Das Bild der frei fliessenden Agger, wird zur Mahnung in Erinnerung bleiben (efmeyer)

Die Aggerkraftwerke hatten nämlich die Ursache für die Niederlegung der Stauanlage, das marode Wehr, behoben. Daher zog die Argumentation, dass die sogenannte vertiefte Überprüfung für den Wiederaufstau abgewartet werden müsse, nicht mehr, weil bei allen anderen Stauanlagen an der Agger die vertiefte Überprüfung auch noch nicht abgeschlossen ist. Diese hätten dann alle ebenfalls von der Bezirksregierung stillgelegt werden müssen.

Die vertieften Überprüfungen waren von der Bezirksregierung Köln 2016 mit einer Fristsetzung von zwei Jahren verfügt worden. Immer noch nicht sind die Wassermassen, die in Extremereignissen wie an der Ahr 2021 an den Stauanlagen ankommen würden, erfasst bzw. durch ein Niederschlags-Abfluss -Modell errechnet. Damit ist noch nicht geklärt, wie sich das heranströmende Wasser bei Extremsituationen an der Stauanlage verhalten würde. 

Erfreulich ist aber, dass zeitgleich mit der Genehmigung zum Wiederaufstau Ministerium und Bezirksregierung Köln den sogenannten "Oberberg-Erlass" von 2016 kassiert haben. Dieser legte fest, dass der Betreiber von Wasserkraftanlagen an der Agger die rechtlichen Vorgaben des Wasserhaushaltsgesetzes - Mindestwasserführung, Durchgängigkeit und Fischschutz - solange nicht zu befolgen habe, bis im Rahmen der Feststellung des Sanierungsbedarfes nach Maßgabe der vertieften Überprüfungen und der Feststellung des Aufwandes für Fischaufstiegs- und Abstiegsanlagen absehbar ist, ob Stromgewinnung an der Agger überhaupt noch ein tragfähiges Geschäftsmodell ist. Da die vertiefte Überprüfung im Erlass von 2016 zeitnah in Aussicht gestellt worden war aber immer noch nicht vorliegt, haben die Verantwortlichen nunmehr erkannt, dass sie die praktische Aussetzung des Wasserhaushaltsgesetzes an der Agger nicht weiter rechtfertigen können. Deswegen werden von der Bezirksregierung Köln (hoffentlich) die nun notwendigen Vorbereitungen getroffen, um Ordnungsverfügungen zur Durchsetzung der flussökologischen Bestimmungen des Wasserhaushaltsgesetzes zu erlassen.

 

so war der Lebensraum und Überflutungsraum vor dem Wiederanstau (efmeyer)
so war der Lebensraum und Überflutungsraum vor dem Wiederanstau (efmeyer)

Es ist ärgerlich, dass 2016 anstatt des "Oberberg-Erlasses" nicht ein "kohärentes Gesamtkonzept", wie es das Bundesverwaltungsgericht im sogenannten Weser Urteil (2016) gefordert hat, für die Agger erstellt worden ist. Dadurch wären Fehlinvestitionen vermieden und schneller eine freifließende Agger wiedergewonnen worden. Nunmehr sehen sich die Aggerkraftwerke mit der Auflage konfrontiert, durch eine vorgegebene Mindestwassermenge in Osberghausen, Ohl-Grünscheid und Ehreshoven I für das alte Aggerbett Stromeinbußen hinzunehmen und an sieben Stellen technische Wanderhilfen zu erstellen. Dieser Millionenaufwand macht die Stromerzeugung an der Agger, zumal angesichts des derzeitigen Ausbaus von regenerativer Stromgewinnung durch Sonne und Wind in Engelskirchen, sinnlos. Die Aufgabe der Stromgewinnung zieht den Rückbau der Stauanlagen nach sich. 

Es ist somit eine Frage der Zeit, bis die Agger wieder frei fließt und die Natur, wie wir es in Ohl-Grünscheid erleben durften, wiederhergestellt ist.

Text: (efmeyer)

 

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