Das Imitationstalent unter den Vögeln wird immer seltener
VON CHRISTOPH BUCHEN
Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) hat den Star (Sturnus vulgaris) zum „Vogel des Jahres 2018“ gewählt. „Der Star ist bekannt als Allerweltsvogel, den Menschen vertraut und weit verbreitet“, sagt Heinz Kowalski, Ornithologe aus Bergneustadt und NABU-Präsidiumsmitglied. „Doch die Präsenz des Stars in unserem Alltag täuscht, denn der Starenbestand nimmt ab. Es fehlt an Lebensräumen mit Brutmöglichkeiten und Nahrung, insbesondere verursacht durch die industrielle Landwirtschaft“, so Kowalski weiter.
Eine Million Starenpaare habe man alleine in Deutschland in nur zwei Jahrzehnten verloren. Jetzt gelte es, den Star durch praktischen Naturschutz und Sicherung des Lebensraums zu unterstützen. Der schillernde Geselle ist ein typisches Beispiel für den stillen Rückgang der häufigen Vogelarten, denn sein Bestand nimmt stetig ab. In der aktuellen deutschlandweiten Roten Liste ist der Star sogar von „ungefährdet“ auf „gefährdet“ hochgestuft worden.
Auch in Nordrhein-Westfalen haben sich die Starenbestände in den letzten Jahrzehnten deutlich verringert. In der Roten Landesliste der Brutvögel wurde der Star deshalb schon in die Vorwarnliste aufgenommen. Der Star ist bei uns als Brutvogel zwar noch flächendeckend vertreten. In den Wäldern der Mittelgebirge aber immer seltener anzutreffen.
Im Oberbergischen ist der Star das ganze Jahr über zu beobachten. Früher war er ein Waldvogel. Erst im 19. Jahrhundert ist er in die Siedlungen eingewandert. Heinz Kowalski und Peter Herkenrath schreiben in ihrem Buch „Die Oberbergische Vogelwelt“: „Der Star galt unseren Vorfahren gerne als Nahrung. Man ließ die Brut in Nistkästen heranwachsen und erntete kurz vor dem Ausfliegen die fetten Jungvögel, die dann in den Kochtopf wanderten.“
Im Herbst, wenn sich durchziehende Starenschwärme im Oberbergischen sammeln, können mitunter große schwarze „Wolken“ voller Stare beobachtet werden. So wurden im November 1984 zum Beispiel bei Morsbach rund 10.000 Stare in einem Schwarm gesichtet. Die großen Starenschwärme sind alljährlich ein beeindruckendes Naturschauspiel.
Gründe für seinen Rückgang sind der Verlust und die intensive Nutzung von Weiden, Wiesen und Feldern, auf denen der Star nicht mehr genug Nahrung wie Regenwürmer und Insektenlarven findet. Werden Nutztiere nur im Stall gehalten, fehlt der Mist, der Insekten anlockt. Hinzu kommen, laut NABU, Biozide und Agrochemikalien.
Im Sommer und Herbst schätzen Stare zusätzlich Früchte und Beeren. Doch beerentragende Hecken zwischen den Feldern sucht man vielerorts ebenfalls vergebens. Auch mangelt es oft an geeigneten Nistplätzen dort, wo alte Bäume mit Bruthöhlen entfernt werden.
Angepasst hat sich der Star an die Stadt: Der urbane Geselle nutzt Nistkästen oder Hohlräume an Dächern und Fassaden zum Nestbau. Parkanlagen, Friedhöfe und Kleingärten liefern ihm Nahrung. Doch auch dort droht ihm Lebensraumverlust durch Hausdämmungen, Gebäudesanierungen oder Verkehrssicherungsmaßnahmen.
Abhängig von seinem Lebensort ist der Jahresvogel Kurzstreckenzieher, Teilzieher oder Standvogel. Mitteleuropäische Stare ziehen im Herbst zum Großteil bis in den Mittelmeerraum und nach Nordafrika. Immer mehr Stare verzichten aber auf lange Reisen und überwintern vor allem im milden Südwesten Deutschlands.
Bekannt ist der Star bei vielen Menschen aber auch noch für sein Talent zur Imitation von Umgebungsgeräuschen. Neben anderen Vogelstimmen, wie dem Ruf des Mäusebussards, kann der Star unter anderem Handyklingeltöne, Hundebellen oder Alarmanlagen perfekt nachahmen. www.Vogel-des-Jahres.de