Enttäuschung über Merkels Mogel-Ausstieg

Kernkraftwerk Borkdorf (Foto: Alois Staudacher)
Kernkraftwerk Borkdorf (Foto: Alois Staudacher)

Das Klimabündnis Oberberg ist enttäuscht über den „Atomausstieg bis 2022“. Nach Fukushima hatte Merkel noch 'schnellstmögliches Handeln' verkündet. Mit dem verzagten Öffentlichkeitsauftritt der Ethikkommission und dem Beschluss der CSU kündigte sich aber schon ein „Ausstieg light“ an.

Jetzt wird den Menschen ein zügiger Ausstieg vorgegaukelt. Tatsächlich wird vor 2021 aber wohl gar keines der neueren AKW vom Netz gehen, weil die Restlaufzeiten der alten Kraftwerke auf die neuen übertragen werden können. Dann bleiben alle neueren AKW bis 2021 am Netz. 

Anders gesagt: Die schon abgeschalteten Alt-Mailer plus Pannenreaktor-Krümmel bleiben (bis auf die Kaltreserve) vom Netz, aber die anderen 9 AKW können noch 11 Jahre 'volle Pulle' laufen.

„Für mich klingt das nach einem Geschenk an die vier Energie-Monopolisten RWE, EON, ENBW und Vattenfall", meint Nathalie Kirches von Attac Oberberg. "Diese Unternehmen können nun weitere 10 Jahre immense Gewinne für eine Energiewirtschaft einstreichen, deren Risiken sie nicht im Griff haben und deren Folgen, wie z.B. die Jahrhunderte andauernde Verseuchung mit radioaktiven Abfällen, kein Unternehmen abwenden geschweige denn bezahlen kann. Der Fall Tepco führt uns das derzeit in Fukushima deutlich vor Augen. Aber diese Kosten werden gerne unter den Tisch gekehrt,

wenn von 'kostengünstiger und umweltschonender Kernenergie' die Rede ist und

EON beispielsweise schon jetzt angesichts sinkender Gewinnaussichten zu ersten Drohgebärden ansetzt. Ich halte es für unerlässlich, bei der Energiewende ethisch-moralische Fragen ganz entschieden vor wirtschaftliche Interessen zu stellen"


Die Bundespolitik sollte sich von der Beeinflussung durch die Energiekonzerne abkopplen. Auch die potentesten Lobbyisten haben nicht immer recht!

 

Braunkohlekraftwerk
Braunkohlekraftwerk

Alte Atomkraftwerke werden mit den Jahren immer gefährlicher. In Atomkraftwerken werden große Mengen an Neutronen freigesetzt, die die Bauteile mit der Zeit ermüden lassen und schädigen. Besonders der Reaktordruckbehälter eines AKW ist dabei unter ständigem Neutronenbeschuß, kann aber nicht gewartet oder erneuert werden. „Die Kraftwerke noch 11 Jahre laufen zu lassen, ist unverantwortlich! Besonders wenn die AKW dauernd hoch- und runtergefahren werden müssen, ist das Gift für die Schweißnähte. Die sind nach Jahrzehnten unter Neutronenbeschuß sowieso spröde und marode, wobei das nur für die vorgesehene Laufzeit von 30 bis 40 Jahren in der Auslegung berücksichtigt war.“ meint Klaus Schweim von NOVE, der sich als Schweiß-Fachingenieur mit solchen Problemen beruflich befasst hat.

 

Dabei ist die von RWE, E.ON und Vattenfall an die Wand gemalte Stromlücke bisher nicht erkennbar. Heute hatte das RWE mittags - also zur Zeit des größten Stromverbrauchs – nur 52 % seiner Kraftwerksleistung am Netz. Am vergangenen Sonntag-Mittag waren es sogar nur 37 %. „Und derzeit sind nur 4 AKW in ganz Deutschland in Betrieb! Wo soll da eine Stromlücke sein? Die Politiker sollten sich mal die Zahlen zeigen lassen, statt nur mit den Bossen der Energiekonzerne zu kungeln! Kungeln macht nämlich auf Dauer hörig!“ ist Manfred Blumberg von NOVE wütend. 

Klimabündnis aktiv
Klimabündnis aktiv

Eine Schlüsselstellung bei der zukünftigen Energieversorgung sieht das Klimabündnis Oberberg bei der Photovoltaik. Im Oberbergischen hat sich die installierte Photovoltaik-Leistung in den letzten Jahren jeweils verdoppelt – damit ist Solarstrom der dynamischste Energieträger im Kreis! Ende 2010 waren Anlagen für etwa 20 Gigawattstunden/Jahr installiert. Solarstrom schädigt weder Landschaftsbild noch Vögel und wird von den meisten Deutschen als Energie der Zukunft gewünscht. Und wenn die Märkte sich weiter entwickeln, wie in letzter Zeit, dann wird Solarstrom schon in 2 Jahren so kostengünstig sein, wie Offshore-Windkraft. Also spricht eigentlich alles für viel, viel mehr Photovoltaik! Aber die Bundesregierung scheint eher einen Ausbaustopp zu planen. „Uns macht wütend, dass die Zukunftsindustrie geknebelt werden soll, um die AKWs wirtschaftlich zu halten. Da saßen wohl doch wieder die Energieriesen mit am Verhandlungstisch.“ meint Manfred Fischer, einer der Umweltbeauftragten vom evangelischen Kirchenkreis an der Agger. „Ohne viel Photovoltaik wird keine zukunftsfähige Energie zu machen sein – dass ist Allgemeinwissen! Wer Solarstrom abwürgt, macht das nur für die alten Energien: für AKW und Kohlekraftwerke. Die Bremsklötze für Photovoltaik müssen weggehauen werden - zuerst die Deckelung des Solarstromzubaus!"

Photovoltaikanlage
Photovoltaikanlage

Als zynische Verhöhnung der energiesparenden Bürger wertet das Klimabündnis, dass Stromverschwender in der Industrie, wie die Aluminiumbranche oder Zementwerke noch subventioniert werden sollen. Bis zu 500 Millionen € sollen den industriellen Stromfressern pro Jahr hinterher geschmissen werden. „Wie soll man Privatleute so zum Stromsparen erziehen?“ fragt Michael Gerhard vom NABU.

 

Die Idee eines 'AKW als Kaltreserve' bezeichnet das Klimabündnis als technischen Nonsens und Polit-Trick. „Weswegen ein Uralt-Kraftwerk unproduktiv, teuer und als Zeitbombe am Netz bleiben soll, ist uns schleierhaft. Man kann ein Atomkraftwerk gar nicht im Standby-Modus halten.“ sagt Dr. Gabi Mickoleit vom BUND. Früher oder später werden die Atom-Bosse die Kaltreserve wieder ans Netz bringen wollen. „Nur deswegen wird uns doch eine angebliche Kaltreserve warm gehalten!“ 

 

Das Klimabündnis Oberberg wird weiter für einen weit früheren Ausstieg eintreten. Sorgen vor teurerem Strom oder einem Blackout braucht niemand zu haben. Außer den Energieriesen und ihren Claqueuren sieht kein Fachmann steigende Strompreise voraus. Im Gegenteil würde uns ein rascher Ausstieg auf Dauer Kostenvorteile daheim und Wettbewerbschancen in der Welt sichern.

Reaktorkern Gösgen
Reaktorkern Gösgen

Neue, teure Nord-Süd-Stromleistungsnetze brauchen wir nicht. Wenn erst die AKW an der Küste stillstehen, wird heute noch überschüssiger Windstrom auch 'an der Waterkant' verbraucht werden. Die Profiteure der so lautstark beschrieenen Stromleitungen sind ohnehin nur RWE, E.ON und Vattenfall, die mit Offshore-Windparks und Nord-Süd-Stromtrassen ihre Marktmacht retten wollen. Die Politiker sollten sich hier nicht vor den Karren spannen lassen. 

 

Auch neue Kohlekraftwerke mit ihren Klimaschäden werden wir nicht benötigen. Das Kraftwerk Datteln von E.ON und andere CO2-Schleudern sind und bleiben klimaschädlich und unnötig! Sobald ein rascher Atomausstieg eingestielt und die Marktmacht von RWE & Co. wirklich und auf Dauer gebrochen ist, werden hocheffiziente GuD-Gasturbinen-Kraftwerke und Blockheizkraftwerke einen großen Aufbruch erleben. Zusammen mit den weiter boomenden erneuerbaren Energien wird Deutschland leicht mit sicherem und bezahlbarem Strom versorgt werden können. Leittragende dabei werden nur RWE, E.ON, Vattenfall und deren Helfershelfer sein. Genau deshalb aber wird es der Atomausstieg schwer haben, solange Politiker sich noch zu Erfüllungsgehilfen des Atomkartells gegen die Zukunft und gegen das eigene Volk machen!

„Ich sehe die Möglichkeit eines viel früheren Ausstiegs aus der Atom-Technik. WWF, BUND und Greenpeace haben das von Wissenschaftlern berechnen lassen: 2015 ist ein realistisches Datum“ meint Klaus Schweim abschließend.

Die Bündnispartner des Klimabündnisses Oberberg sind enttäuscht!
Die Bündnispartner des Klimabündnisses Oberberg sind enttäuscht!